Die Masken, die wir tragen: Warum wir alle in einer Fake-Kultur leben und wie Authentizität uns heilen kann

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Wir leben in einer Fake-Kultur, in der wir von klein auf dazu erzogen werden, Masken zu tragen und Rollen zu spielen – oder, um es einfach zu sagen: zu lügen – um es zu etwas zu bringen. „Fake it till you make it“, heißt es. Doch was sind die Konsequenzen davon?

Schule, Beruf und die Rollen, die uns aufgezwungen werden

Schon in der Schule lernen wir, uns nicht authentisch auszudrücken, sondern das abzuliefern, was die Lehrer:innen hören wollen. Kritisches Denken ist nicht gefragt. Wenn man Jugendliche dann später nach ihrer eigenen Meinung fragt (ich habe mal in der Jugendarbeit gearbeitet), sind sie oft völlig überfordert, weil sie nicht wissen, was von ihnen erwartet wird. Sie haben nie gelernt, ihre eigene Stimme zu finden, weil sie sich zu sehr darauf konzentrieren mussten, die Erwartungen anderer zu erfüllen.

Später kommen die ersten Bewerbungen. Wir wissen, dass wir in unseren Anschreiben unbedingt schreiben müssen, warum ausgerechnet wir die besten für den Job sind und warum wir unbedingt bei diesem Arbeitgeber, den wir unfassbar toll finden, arbeiten wollen. Gelogen ist beides. Denn wir bewerben uns nicht, weil wir uns als die Besten für den Job sehen oder von der Firma träumen, sondern weil wir hoffen, dass der Job irgendwie okay sein wird. Und oft genug ist das ein Irrtum.

Und so geht es weiter: Wir schlüpfen in unzählige Rollen, die nichts mit uns als Person zu tun haben. Wir sollen ein „echter“ Mann oder eine „perfekte“ Frau sein, auch wenn diese Rollen oft nicht zu dem passen, wer wir wirklich sind. Statt authentisch unseren eigenen Weg zu gehen, passen wir uns den Vorstellungen an, die uns von Kindheit an vermittelt wurden. Wir übernehmen Verhaltensmuster und Werte, ohne sie zu hinterfragen, und fühlen uns innerlich zerrissen, weil das Bild, das wir nach außen zeigen, nicht mit unseren inneren Wünschen und Bedürfnissen übereinstimmt. Diese ständige Anpassung erzeugt Druck und führt oft dazu, dass wir uns selbst verlieren. Wir versuchen, in Schubladen zu passen, die uns zu eng sind, und unterdrücken unsere wahre Natur, aus Angst, nicht dazuzugehören.

Sollen wir jetzt auch noch über Dating und Beziehungen reden? Vielleicht besser nicht.

Was bedeutet es für uns als Individuen, wenn wir ständig gezwungen sind, uns zu verstellen? Diese ständige Unechtheit schafft eine innere Zerrissenheit, weil wir immer weiter von dem entfernt werden, was wir wirklich fühlen und wollen. Viele Menschen (ich kenne das von mir selbst gut) erleben, dass sie sich nicht mehr authentisch ausdrücken können, weil sie nie gelernt haben, ihre wahren Bedürfnisse und Gedanken zu erkennen oder auszudrücken. Stattdessen wird uns vermittelt, dass Erfolg nur durch Anpassung und Maskerade möglich ist. Das führt oft zu einem Verlust des Selbst und zu einem tiefen Gefühl von Entfremdung.

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Marketing und Personal Branding: Die Kultur der Selbstinszenierung

Wir sollen uns ständig selbst vermarkten. Reden wir also mal über Marketing. Einige, die diesen Text lesen, machen vermutlich  selbst Marketing für ihr eigenes Produkt oder ihr Coaching. Die Wahrheit ist: Marketing ist fast immer gelogen. Es reicht nämlich nicht zu sagen: „Waschmittel XY wäscht eure Wäsche genauso gut wie jedes andere.“ Nein, es muss „weißer als Weiß“ waschen und besonders ergiebig sein.

Sprechen wir über Personal Brands. Instagram ist voll von Menschen, die sich von ihrer besten Seite zeigen, um ein Angebot zu verkaufen. Toll inszenierte Bilder mit Filtern, Krönchen und Sonnenuntergängen. Manchmal wird eine kleine Dosis „Authentizität“ eingestreut, aber immer gut berechnet und kalkuliert. Auch hier gilt das Prinzip „Fake it“. Erfolge werden aufgebauscht, kleine Triumphe werden zu riesigen Erfolgsstorys gemacht. Wenn man mal irgendwo im Regionalfernsehen kurz aufgetaucht ist, schreibt man „bekannt aus Funk und Fernsehen“. Kaum jemand zeigt sich ohne Maske, mit all seinen Zweifeln und Unsicherheiten, so wie er wirklich ist.

Der emotionale Preis der „Fake-Kultur“: Selbstoptimierung und Unsicherheit

Der psychologische Druck, sich ständig zu inszenieren und sich mit anderen zu vergleichen, führt oft zu Gefühlen von Unsicherheit und Minderwertigkeit. Es entsteht eine Kultur der Selbstoptimierung, in der wir uns ständig fragen: Bin ich gut genug? Dabei verlieren wir uns in der Illusion, dass der Wert eines Menschen in seinem Erfolg oder seiner Außenwirkung liegt, und vernachlässigen das, was uns im Inneren ausmacht. Die ständige Performance-Maschinerie laugt uns emotional aus und lässt wenig Raum für echte Beziehungen, in denen wir uns verletzlich zeigen dürfen. Es gibt kein heilendes Miteinander.

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Wie wir uns selbst belügen: Mindset, Manifestation und die Angst vor Authentizität

Und nicht nur gegenüber anderen spielen wir falsche Rollen – wir belügen auch uns selbst und nennen das dann „Mindset“ oder „Manifestieren“. Zweifel, Unsicherheiten und Ängste verdrängen wir, weil sie uns auf unserem Weg zum Erfolg behindern könnten. Oder wir lassen uns erzählen, dass negative Gedanken negative Realität erschaffen. Wenn wir an uns und unseren Fähigkeiten zweifeln, heißt es, wir hätten „Angst vor der eigenen Größe“. Dabei ist das, was wir „Angst vor der eigenen Größe“ nennen, nichts anderes als die gesunde kognitive Dissonanz, die sich einstellt, wenn wir versuchen, als etwas aufzutreten, das wir nicht sind.

Dieses ständige Verdrängen unserer echten Gefühle und Ängste führt zu psychischen Problemen. Wenn wir uns nicht erlauben, verletzlich zu sein, echte Zweifel zu haben und unsere Unsicherheiten anzunehmen, bauen wir eine Fassade auf, die irgendwann zerbrechen muss. Es entsteht eine emotionale Taubheit, weil wir nicht mehr in Kontakt mit unserem wahren Selbst stehen. Stattdessen leben wir in einer Welt aus Projektionen und Erwartungen, die nie wirklich zu uns gehören.

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Echte Authentizität: Der Mut, unsere Masken fallen zu lassen

So betrügen und belügen wir uns und andere jeden Tag. Die Wahrheit ist deshalb: Wir sind alle „fake“. Doch was, wenn wir erkennen, dass es nicht um Perfektion geht? Authentizität bedeutet nicht, immer stark oder makellos zu sein. Es bedeutet, uns so zu zeigen, wie wir wirklich sind – mit all unseren Zweifeln, Schwächen und Unvollkommenheiten. Wir sind eben nicht die besten und die größten und die tollsten. Es reicht doch vollkommen aus, ganz ok zu sein. Wir alle tragen Masken, weil wir Angst haben, zu verletzlich zu sein. Aber vielleicht liegt in dieser Verletzlichkeit die größte Kraft.

Und ja, das gilt auch für mich. Ich hätte oft gerne den Mut, mich ganz und gar authentisch zu zeigen. Und ich wünsche mir so sehr Menschen ohne Masken – Menschen, die den Mut haben, authentisch zu sein, auch wenn das bedeutet, sich verletzlich zu zeigen. Nur durch echte Begegnungen können wir wieder lernen, wer wir wirklich sind. Und miteinander heilen.

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Martin

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