Post aus einer anderen Welt – #MeinUtopia

Vorwort

Es gibt Theorien, dass unendlich viele Parallelwelten existieren, die sich durch kleine oder große Entscheidungen voneinander unterscheiden. Immer dann, wenn eine Entscheidung getroffen werden muss, spalten sich zwei Welten voneinander ab. Manche dieser Welten sind uns so ähnlich, dass sie wie ein nur wenig verzerrtes Spiegelbild wirken. Andere jedoch haben sich vor langer Zeit auf vollkommen andere Wege begeben.

Eine solche andere Version unserer Welt ist diejenige, aus der der folgende Brief stammt. Vor etwa 10.000 Jahren, als in unserer Welt das Patriarchat entstand und mit ihm Hierarchien, Besitzdenken und Machtstrukturen, nahm diese andere Welt eine andere Richtung. Statt auf Kontrolle und Wettbewerb baut ihre Gesellschaft auf Gleichwertigkeit, Gemeinschaft und Verbundenheit mit der Natur.

Dieser Brief entstand aus einem ungewöhnlichen Kontakt zwischen diesen beiden Welten. Die genauen Umstände bleiben ein Rätsel – vielleicht kam er zu uns durch einen Traum, vielleicht durch eine Nahtstelle im Gewebe der Realität. Doch was zählt, ist die Botschaft, die er bringt: ein Einblick in eine Welt, wie sie hätte sein können – oder wie sie eines Tages vielleicht wieder sein könnte.

Und so beginnt die Erzählung aus einer anderen Welt.

Ein Brief aus einer anderen Welt

Mein lieber Freund,

ich schreibe dir aus einer Welt, die deiner fremd erscheinen mag. Ich sehe eure Welt aus der Ferne, mit großer Neugier und gleichzeitig mit einem gewissen Erstaunen über eure Lebensweise. Vieles davon verstehe ich nicht, manches kommt mir regelrecht absurd vor. Wieder anderes lässt mich erschrecken und erschauern. Vielleicht verstehst du, was ich meine, wenn ich dir dagegen unsere Welt beschreibe. Und während ich über das schreibe, was für uns hier selbstverständlich ist, frage ich mich, wie es dazu kommen konnte, dass ihr so weit von diesen einfachen Wahrheiten entfernt seid. Vielleicht ist es Zeit, dass du durch meine Worte einen Spiegel erblickst, der dich deine eigene Welt in einem neuen Licht sehen lässt.

Die Freiheit der Gefühle

Lass uns mit dem beginnen, was uns im Innersten ausmacht: unseren Gefühlen, der Sprache unserer Seele. In unserer Welt sind Gefühle frei wie die Winde, die durch weite Wälder wehen. Wir teilen Freude, Trauer, Wut und Liebe, ohne sie zu zähmen oder zu verstecken. Niemand verlangt von einem anderen, seine Gefühle zu reparieren oder zu beheben. Wenn ich traurig bin, dann ist das meine Traurigkeit, und ich teile sie, denn sie ist ein Geschenk. Andere können mitfühlen, gemeinsam können wir heilen, wenn wir einander sehen. Wut ist ein Feuer, das Veränderung bringt, und Trauer eine Brücke, die uns tiefer miteinander verbindet. Gefühle sind wahrhaft die Sprache unserer Seele, das, was uns alle verbindet – warum beladet ihr sie mit Angst oder Scham und lebt so voneinander und vom Leben getrennt?

Gefangen in Rollen statt frei zu sein

Eure Welt scheint voller Rollen zu sein, die jeder spielen muss, um akzeptiert zu werden. „Mann“ oder „Frau“ sind nur die offensichtlichsten davon. Von klein auf versucht ihr, in diese Rollen hineinzuwachsen. Ihr stellt euch sogar die Frage, ob ihr „männlich genug“ oder „weiblich genug“ seid, und messt euer Leben daran, wie gut ihr diese Erwartungen erfüllt. Weil ihr versucht, euch in diese zwei Schubladen zu zwängen, seht ihr nicht mehr, dass es so viel mehr gibt, als eben nur „Mann“ und „Frau“. Und wie fürchterlich diese Erwartungen für ALLE Frauen und manche Männer sind, verstehst du sicher schon lange.

Doch das ist nicht alles: Eure Berufe, eure sozialen Positionen, eure Familienrollen – alles scheint von euch zu verlangen, jemand zu sein, der ihr gar nicht seid. Ihr orientiert euch im Außen, sucht immer nach jemandem, der euch zeigt, wie man es „richtig“ macht. Dabei ist dieses Wissen immer in euch.

Hier bei uns gibt es keine solchen Rollen. Wir sind einfach wir selbst – Menschen mit Gaben, Wünschen und Neigungen, die so vielfältig sind wie die Farben des Himmels bei Sonnenuntergang oder die Farben des Regenbogens. Niemand wird in eine Kategorie gezwungen. Niemand muss sich „integrieren“ oder verbiegen, um dazuzugehören. Wir verstehen, dass die wahre Stärke aller Wesen darin liegt, ganz und gar das zu sein, was sie sind – und das genügt.

Ein Liebespaar unter einem Baum

Liebe ohne Ketten

Auch die Liebe fließt bei uns frei wie ein Fluss, der seinen eigenen Weg findet. Sie kennt keine Mauern, keine Regeln, keine Forderungen. Wir erwarten nicht von unserem Gegenüber, dass es uns vollständig macht, denn wir wissen, dass wir schon vollständig sind. Wir wissen, dass Liebe nicht besessen und deshalb auch nicht verloren werden kann, und deshalb gibt es bei uns auch keine Eifersucht. Warum sollte man ein Gefühl, das uns mit anderen verbindet, einsperren oder in ein Korsett zwängen? Sexualität ist für uns ein Ausdruck des Lebens, frei von Scham oder künstlichen Tabus – ein Tanz zwischen Körpern und Seelen, wenn sie einander begegnen.

Gemeinschaft ohne Hierarchie

Unsere Gemeinschaft kennt keine Machtstrukturen, keinen, der über den anderen steht. Jede Stimme zählt, und jede Gabe wird gesehen. Entscheidungen treffen wir, wenn sie überhaupt nötig sind, gemeinsam, im Konsens, und die Weisheit der Alten hat denselben Wert wie die Vision der Jungen. Und überall dort, wo es keine gemeinsame Entscheidung braucht, geht einfach jeder seinen Weg. Niemand käme auf die Idee, zu behaupten, nur sein Weg wäre der richtige oder dass es nötig sei, dass alle denselben Weg gehen. Und wenn jemand auf seinem Weg eine besondere Fähigkeit oder besonderes Wissen entdeckt, dann teilt er mit uns allen, ohne daraus Ansprüche abzuleiten. Bei uns gibt es kein „Oben“ und „Unten“, nur ein „Miteinander“.

Menschen sitzen in einem Kreis und reden

Keine Regeln, weil keine nötig sind

Du fragst dich vielleicht, welche Regeln und welche Gesetze es bei uns gibt. Nun, die Wahrheit ist: In unserer Welt gibt es keine Regeln – weil es keine braucht. Die Natur hat uns gelehrt, dass alles ineinander greift, wenn man es lässt. Wie die Flüsse ihren Weg finden, die Pflanzen sich den Raum teilen und die Tiere ihren Platz im großen Netz des Lebens kennen, so leben auch wir. Kein Gesetz, keine Vorschrift, keine Regeln – nur die Balance, die von selbst entsteht, wenn jeder das Seine gibt und nimmt. Ohne Gier und ohne Angst.

Besitz und Grenzen – Illusionen, die trennen

Euer Konzept von Besitz erscheint uns wie eine Lüge, die ihr nicht loslassen könnt. Ihr teilt die Erde in Stücke, zieht Linien auf Karten und nennt sie „Grenzen“. Ihr behauptet, dass die Länder innerhalb dieser Grenzen euch gehören – und kämpft dafür, andere zu verdrängen. Doch gehört die Erde nicht allen? Gehört sie nicht den Wäldern, den Tieren, den Flüssen, die ihre Wege bahnen, ohne sich um eure Linien zu kümmern? Bei uns gehört nichts und gleichzeitig alles jedem. Was wir brauchen, nehmen wir mit Respekt, und was wir entbehren können, geben wir zurück. Warum würdet ihr etwas verteidigen müssen, das nie euch gehört hat?

Die Illusion des Geldes

Ich muss schmunzeln, wenn ich sehe, dass manche von euch denken, Geld sei Energie oder sogar Liebe. Du kennst bestimmt das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“. Geld ist in Wahrheit wie die neuen Kleider des Kaisers. Ihr denkt, es sei etwas ganz Besonderes, dabei ist es in Wahrheit gar nichts. Euer Geld ist wie ein unsichtbarer Gott, den ihr anbetet und für den ihr euer Leben opfert. Ihr gebt ihm Wert, indem ihr glänzende Metalle und bedrucktes Papier hütet wie Schätze. Dabei sind sie nur Zahlen, bedrucktes Papier und glänzendes Metall. Zu nichts nütze. Aber es lässt euch glauben, dass ihr arbeiten müsst, um zu überleben, obwohl die Natur schon alles bereithält. Es gibt genug für alle. Aber durch das Geld denkt ihr, das sei nicht so. Bei uns gibt jeder, was er mit Freude geben kann, und nimmt, was er wirklich braucht. Weil wir unserer wahren Berufung folgen, ist immer genug für alle da – Nahrung, Schutz, Zuwendung und Zeit. Und mehr brauchen wir nicht.

Ein Markt auf dem es kein Geld gibt

Der Verstand als Diener, nicht Herrscher

Euer Verstand regiert eure Welt wie ein tyrannischer König. Doch hier bei uns ist der Verstand nur ein Werkzeug, das uns dient, praktische Probleme zu lösen. Unser Kompass ist nicht der Verstand, sondern unser Bewusstsein – die tiefe Verbundenheit mit allem, was ist. Wir wissen, dass wir innehalten müssen, um zu spüren, wann es Zeit ist zu geben und wann zu empfangen. Vielleicht haben eure Gedanken euch so weit von euch selbst weggeführt, dass ihr nicht mehr wisst, wo ihr steht und nicht mehr, wer ihr seid.

Die Natur als Quelle, nicht Ressource

Die Erde ist keine Ressource, die man ausbeuten kann, sondern die Quelle allen Lebens. Wir tanzen mit der Natur, statt sie zu beherrschen. Jede Pflanze, jedes Tier, jeder Fluss hat seinen Platz in einem Netz, das wir niemals zerstören würden. Und wenn ihr gegen die Natur kämpft, kämpft ihr letztlich nur gegen euch selbst. Warum nehmt ihr mehr, als ihr braucht, und wundert euch, dass immer weniger bleibt?

Eine Welt die in Harmonie lebt

Schlussgedanken

Mein Freund, all das, was ihr „natürlich“ oder „notwendig“ nennt, ist nur ein Konstrukt eures Denkens. Und es ist nicht einmal ein besonders altes Konstrukt. Seit 5 Millionen Jahren gibt es Menschen, seit 14 Milliarden Jahren das Universum. Fast die ganze Zeit waren unsere Universen identisch. Vor 10.000 Jahren haben sich unsere Welten dann getrennt, und ihr habt begonnen, so zu leben, wie ihr heute lebt. Das ist, verglichen mit der Zeit, die es das Universum gibt, weniger als ein Wimpernschlag.

Wenn 10.000 Jahre ein Wimpernschlag sind, könnte euer Weg sich ebenso schnell ändern – mit einem einzigen klaren Moment, einer tiefen Erkenntnis.

Ihr seid eins. Wir sind eins. Wir und ihr sind zwei Äste des gleichen Baumes. Ihr fühlt es nur nicht mehr, weil ihr so sehr mit Denken beschäftigt seid – doch der Baum lebt, und seine Wurzeln reichen tief in die Wahrheit.

In tiefer Verbundenheit,

Eine Bewohnerin der anderen Welt

Dieser Text ist mein Beitrag zur Blogaktion ‚Mein Utopia – Träume ohne Grenzen‘ von Fabienne Hofmann. Er beschreibt eine Parallelwelt, die sich vor 10.000 Jahren von unserer getrennt hat und einen völlig anderen Weg eingeschlagen hat – einen Weg der Freiheit, Liebe und Gemeinschaft. Hier findest du Fabiennes Aufruf.

Ich möchte mit diesem Text dazu anregen, vor allem über eines nachzudenken: Die Welt, in der wir leben und in der fast alles, was wir kennen, entstanden ist – Geld, Besitz, Geschlechterrollen, Gesetze, Macht und Herrschaft, aber auch Religion und Teile der Spiritualität – ist die Welt des Patriarchats. Sie ist vor ungefähr 10.000 Jahren entstanden. Historisch gesehen ist das ein lächerlich kurzer Abschnitt.

Den Menschen gibt es seit etwa 5 Millionen Jahren. Die Dinosaurier lebten 170 Millionen Jahre lang. Die Welt, die wir kennen, ist jung und dennoch zerstörerisch. Vielleicht ist es an der Zeit, diesen Irrweg zu beenden, bevor er uns auslöscht.

Wer mehr über die geschichtliche Entwicklung der Menschheit und des Patriarchats erfahren will, dem empfehle ich die Bücher von Harald Meller/Kai Michel, Jared Diamond und Yuval Noah Harari.

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